GÜNTHER GEIGER ist ein österreichischer Schriftsteller, an der Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Graz im Sternzeichen des Steinbocks am 28. Dezember, dem Tag der unschuldigen Kinder, von Herodes übersehen, geboren. Sein Vater, Postbeamter, ertränkte sich in seinem 29. Lebensjahr im schönen grünen Inn. Es mag einen Zusammenhang zu Geigers besonderer Liebe und Beziehung zu Flüssen geben. „Sie kommen und gehen und sind doch immer da.“ Weshalb man nicht sagen kann, das Meer sei der Tod aller Flüsse, denn diese benötigen keine Wiedergeburt. Man könnte es besser als das Ziel oder Ende ihres Weges benennen. Geigers besondere Liebe zu den sibirischen Strömen schlägt sich in dem Roman Delta Lena (2005) nieder.
JUGEND Günther Geiger verbrachte seine Kindheit vorwiegend in Vorarlberg, zunächst Dornbirn dann in der von Wald umgebenen Ortschaft Thüringen im Walgau. Seine Mutter heiratete den Maurer Andreas Tscholl und gebar ihm vier Kinder. Geiger hatte nun neben seinem Bruder aus erster Ehe, dem späteren Kunstmaler Werner Geiger, vier Halbgeschwister. Zudem brachte der Stiefvater zwei Kinder aus erster Ehe hiezu, und die darauf folgende Großfamilie zerbrach nach einem Jahrzehnt. Während dieser Zeit besuchte Geiger das Bundesrealgymnasium in Bludenz und entdeckte im Alter von 13 Jahren in Dostojewskijs Erstling Arme Leute. „Ich habe mich mehr für die Sprache als den Inhalt interessiert. Sie fesselte mich und von da an war klar, was ich mit mir und dem Dasein anfangen wollte. Ich musste mir mein Leben irgendwie erklären, herausfinden, was ich auf diesem Globus sollte.“ In den folgenden Jahren schenkte ihm seine Mutter zu den Festtagen folgende Bücher: Das Totenschiff von B. Traven, Aufzeichnungen aus einem Totenhaus von F. M. Dostojewskij, Die toten Seelen von N. Gogol. Auf den Selbstmord seines Vaters bezog sich sein erstes längeres prosaisches Werk Der Sprung übers Geländer. Das unveröffentlicht blieb. Anfang der 70er-Jahre waren junge Autoren vor allem auf Thomas Bernhard fixiert. Als der angehende Schriftsteller Jean Genets und Samuel Becketts Romane in die Hände bekam, erlosch diese Faszination. Als Draufgabe folgten später die Werke Antonin Artauds und die Romane Célines, insbesondere Norden.
SCHREIBEN UND EINFLÜSSE Mit 23 Jahren schrieb Günther Geiger im Dornbirner Stadtpark während einiger heißer Sommertage ein mit „Suizidistisches Cabaret“ untertiteltes Drama Alle Welt stirbt nicht (1973). Beeinflusst war er wie viele Intellektuelle von den Größen des Absurden Theaters, Beckett, Ionesco und später Artaud. Es folgten weitere Stücke in dieser Phase Timeless, So ist es, Das Blaue im Gitter. In seine Jugend fielen bei Geiger insbesondere auch die amerikanischen Beatautoren. Jack Kerouacs Unterwegs, William S. Burroughs Naked Lunch und Allen Ginsbergs Howl und Planet News waren Schlüsselwerke für die nachfolgende Generation der 70er-Jahre. Ebenso starke Einflüsse auf Geigers Schreiben bewirkte die prägende Musik der 2. Jahrhunderthälfte: Jimi Hendrix, John Coltrane, Cream, Miles Davis.
FRANZÖSISCHE JAHRE In seinem 25. und ihrem 19. Lebensjahr trafen einander, während des Jazzfestivals in Montreux, am Quai des Lac Leman der stromernde Österreicher und die Französin Guislaine Geslot, eine angehende Lehrerin. Die beiden verliebten sich ineinander und verbrachten die nächsten 4 Jahre miteinander, zum Großteil in dem Dorf Sainte-Suzanne in der Mayenne. Nun arbeitete Günther Geiger an seinen ersten bedeutsamen Roman Ausbrüche + Einbrüche von Meroni & Co. (1980, VIZA Edit). Der Herausgeber von NEUES FORUM, Gerhard Oberschlick, publizierte einen doppelseitigen Ausschnitt. Die Reihe VIZA Edit erfand der Autor für seine nächsten Publikationen. Es folgte der Unterwegsroman um Straßenkünstler in Frankreich, die „BEWEGIG“ in der Schweiz und das Sandlerleben in Bregenz: Transit-Exit (1981, Monte Verita Verlag. Neu aufgelegt unter dem Titel Atomic Pink Paris (2009). Letzter Roman der Trilogie war der unveröffentlichte 6teilige und über 60 Kapitel lange Entwicklungsroman über einen aus der kleinbürgerlichen Alternativkultur ausgebrochenen Protagonisten in White Gitane.
ÜBERSIEDLUNG NACH WIEN Auf Tipps der Schriftsteller Max Riccabona und H. C. Artmann reiste Günther Geiger nach Wien, wo er sich zunächst zwei Jahre im Studentenmilieu behauptete, als Liebhaber von Studentinnen, Arzneimittelproband und Plasmaspender. In den anfänglichen Wiener Jahren schrieb Günther Geiger einige Kurzromane, die im Studentenmileu handelten: Dirty Fucker und Ein Gammler unter Antistudenten. Mit dem Druck eines Gedichtebands fiel auch die Gründung der Literaturzeitschrift wienzeile durch Günther Geiger und Thomas Frechberger, deren erster Herausgeber ein Vorarlberger Geschäftsmann wurde, zusammen. Günther Geiger veröffentlichte weiters in auswärtigen Verlagen, Exit Vienna im Löcker Verlag, Ulica Marata. Roman aus Russland im Triton Verlag. Eine Neuauflage der Gedichte gab es mit Luzifers Superlative Montreux Passage in Viza Edit, 1989.
REISEN NACH RUSSLAND Nach dem Zerfall der Sowjetunion unternahm Günther Geiger mehrere Reisen nach Russland. Er schrieb zwei Russland-Romane, Ulica Marata über die Zugreisen und die Aufenthalte in die Megastädte Moskau und St. Petersburg, In Delta Lena kommen die sibirischen Großstädte Nowosibirsk und Irkutsk sowie Sibirien und die Insel Sachalin dazu. Der Schauplatz seiner von Kritikern und Lesern geschätzten wie verdammten Prosa hatte sich vom Westen über die Mitte Wien in den Osten verlagert. Er trägt sich mit einem Sujet über einen dritten in Russland spielenden Roman. Es soll aber ein tiefenpsychologischer Roman in Rückblicken und Gegenwart zum eigenen Leben mit der Kulisse eines gewaltigen Stromes werden.
AKTUELLES MANUSKRIPT Die Geschichten um das Freibeuterschiff Black Flag erscheinen in Serie in der Literaturzeitschrift WIENZEILE: Die Black Flag demonstriert Raubkapitalismus sowie sonstige Verbrechen innert einer Zunft, die die Verbreitung von Kunstmarktware betreibt und sich dabei in die Quere kommt.
Im Löcker Verlag erscheint 2010 der Roman "Delta Lena" in einer aktualisierten Fassung.
|